Das Bildungsprojekt foodture an der
Friedenauer Gemeinschaftsschule Berlin

Schüler*innen bilden ihre Lehrer*innen fort

Am 21. November 2019 fand die Premiere der Lehrer*innen-Fortbildungen von foodture in Berlin statt: Schüler*innen der Friedenauer Gemeinschaftsschule bildeten ihre Lehrer*innen fort und nahmen so das Nachhaltigkeitsthema „Ernährung der Zukunft mit Blick auf den Zusammenhang von Ernährung und Klimawandel“ in der Schule auf.

Das Fortbildungskonzept wurde inhaltlich und methodisch von Schüler*innen der 9. und 10. Klassenstufe im Rahmen von zwei Workshop-Tagen entwickelt, die BildungsCent durchführte. Die Schüler*innen wählten die Themen aus, die sie im Zusammenhang von Ernährung und Klimawandel besonders wichtig fanden, um sie mit ihren Lehrer*innen zu teilen. Für die Fortbildung ihrer Lehrer*innen wählten die Schüler*innen einen Mix aus Methoden aus, mit denen sie selbst gut lernen können und mit denen sie Spaß am Lernen haben.

Unterstützt wurde die gesamte Projektumsetzung von foodture in der Friedenauer Gemeinschaftsschule von Teach First-Fellow Nora Lust. Beeindruckt und überrascht von den Schüler*innen hält sie zum Projektende fest, „wie sehr die Schüler*innen bereit sind, sich mit großen und komplexen Zukunftsfragen ernsthaft zu beschäftigen.“ und  „… wie sie die 8 Stunden intensiven Lernens und Arbeitens an zwei aufeinanderfolgenden Tagen freiwillig durchgezogen haben. Und vor allem mit welchem Eifer, sie sich danach mit der Frage nach Lösungen zu Nachhaltigkeitsfragen beschäftigten, woraus die gemeinsame AG mit dem Interimsnamen ,Lust auf Lösungen` entstanden ist.“

Die Fortbildung

„Wird der Klimawandel in Ihrem Unterricht behandelt?“

Nach einer kurzen Begrüßung und Vorstellung der Schüler*innen zum Start in die Fortbildung ging es ganz schnell zum eigentlichen Thema – dem Klimawandel. Wie entsteht er und welche Auswirkungen hat er? Und was hat das Ganze mit den Menschen selbst zu tun?

Nach den Fakten zum Thema Klimawandel folgte eine persönliche Auseinandersetzung mit dem Thema der Fortbildung für die teilnehmenden Lehrer*innen selbst.

Die Schüler*innen hatten Aussagen vorbereitet und baten die Lehrer*innen, sich dazu im Raum zu positionieren: Trifft das für mich zu oder trifft das für mich nicht zu?

„Wird der Klimawandel in Ihrem Unterricht behandelt?“

„Ich habe schon mal bewusst für eine gewisse Zeit auf bestimmte Lebensmittel verzichtet.“

„Könnten Sie sich vorstellen, nachhaltiger zu leben?“

„Könnten Sie sich vorstellen, Laborfleisch zu essen?“

„Das Spiel hätte ruhig noch länger dauern können. Es war spannend zu überlegen: Was tue ich eigentlich schon?“, lobte ein*e Lehrer*in die Anregung zur Selbstreflexion.

Ernährung der Zukunft

Weiter ging es mit dem Thema Ernährung der Zukunft. Mithilfe eines ausgewählten Videos wurden Fragen aufgeworfen, wie zum Beispiel: Benötigen wir in Zukunft überhaupt noch Ackerflächen? Wird es genug Essen für alle geben? Werden wir in Zukunft Insekten essen? Was sind die Vorteile davon? Was ist eigentlich Laborfleisch? Und werden in Zukunft vielleicht Roboter unser Essen kochen?

Handlungsideen für die Schule entwickeln

Inspiriert durch die bisherige Fortbildung sammelten die Lehrer*innen in einer durch die Schüler*innen anmoderierten Gruppenarbeit schließlich eigene Ideen, was in der Schule für mehr Klimaschutz getan werden könnte und was jede*r persönlich tun kann.
Die Sammlung wurde mit den Schüler*innen diskutiert und zeigt, es gibt viele Punkte, an denen in der Schule gearbeitet werden kann: Von der Idee, Expert*innen in die Schule einzuladen, über die Frage nach nachhaltigen Klassenfahrten, die Begrünung des Hofes, das gemeinsame Kochen bis hin zur Idee, Fridays for Future zu unterstützen oder als Pädagog*in eine Vorbildfunktion einzunehmen – wird deutlich, auf wie vielen Ebenen es Ansatzpunkte zum Handeln gibt.

Die vollständige Sammlung der Handlungsideen

Die Schüler*innen nahmen die Ideen mit, um sie im Schulgebäude sichtbar mit allen anderen Mitschüler*innen und Lehrer*innen zu teilen. Sie überlegten, was nun der erste Schritt sein könnte, um den Klimaschutz weiter in der Schule zu verankern. Schließlich entstand die Nachhaltigkeits-AG „Lust auf Lösungen“.

„Es war an keiner Stelle langweilig“

Was nehmen die teilnehmenden Lehrer*innen der Friedenauer Gemeinschaftsschule Berlin vom Rollentausch mit ihren Schüler*innen mit? Und was hat ihnen besonders gut gefallen? Das wollten die Schüler*innen natürlich nach der umgesetzten Fortbildung von den Teilnehmenden wissen und befragten diese mittels eines kurzen Feedbackbogens nach ihrer Einschätzung.

Einige Stimmen der Lehrkräfte

„Bitte kommt bald in meinen Wahl-Pflicht-Kurs und macht eure Fortbildung auch bei uns!“

„Ihr habt uns toll mit einbezogen und uns zum Nachdenken angeregt.“

„Ihr habt alle den ganzen Workshop super professionell und frei geleitet!“

„Mir haben besonders die Anregungen gefallen, mich weiter mit dem Thema zu beschäftigen.“

„Ich habe neue Aspekte kennengelernt.“

Am Ende waren die Schüler*innen sichtlich stolz – welche*r Schüler*in macht schon einen Schulabschluss zu dem gehört, dass er*sie einmal die eigenen Lehrer*innen unterrichtet hat?

Der Weg zur Fortbildung

Am 12. und 13. November 2019 setze BildungsCent e.V. zwei Workshops in der Friedenauer Gemeinschaftsschule um. Wir trafen uns zwei Tage lang mit einer Gruppe von Schüler*innen aus der 9. und 10. Klassenstufe, um die Fortbildung vorzubereiten und die Umsetzung zu planen.
Wir beschäftigten uns einen Tag lang inhaltlich mit der Frage, was unser Essen mit dem Klima zu tun hat.

„Was essen wir in Zukunft?“

„Gibt es genug Essen für alle?“

„Was können wir ändern?“

Das waren die drängenden Fragen, die die Schüler*innen mitbrachten, mit denen wir uns gemeinsam mithilfe verschiedenster Medien auseinandergesetzt haben.

„Warum setzen Sie sich für Nachhaltigkeit ein?“ – Ein Expert*innen-Gespräch

Unterstützung erhielten wir von dem Experten Gerd Carlsson – er ist seit dreißig Jahren Bio-Gärtner und arbeitete zuletzt auf dem 2000m²-Weltacker in Berlin-Pankow. In einem einstündigen Gespräch konnten die Schüler*innen all ihre Fragen loswerden, die sie im Laufe des Workshops gesammelt hatten.

„Warum setzen Sie sich für Nachhaltigkeit ein?“, „Wie sind Sie zu Ihrer Arbeitsstelle gekommen?“ oder „Wie finden Sie Genmodifikation bei Pflanzen?“ – Das waren unter anderem Fragen, die die Schüler*innen interessierten.
Gerd Carlsson wünscht sich, dass die Menschen ihren Handlungsspielraum erkennen und gemeinsam ins Handeln kommen – für eine nachhaltige Entwicklung in unserer Gesellschaft. Insbesondere das Bewusstsein für unser Essen sollte sich verändern, so dass weniger Lebensmittel weggeschmissen werden.

Konsum und Nachhaltigkeit, Lebensmittelverschwendung und Ernährung mit Zukunft

Zum Abschluss des ersten Workshop-Tags mit den Schüler*innen gab es einen Vorgeschmack auf den kommenden Tag: Die Schüler*innen selbst waren gefragt!
In Gruppenarbeiten vertieften sie selbständig die Aspekte „Konsum und Nachhaltigkeit“, „Lebensmittelverschwendung“ und „Ernährung mit Zukunft“ und bereiteten sie so auf, dass sie diese mit ihren Mitschüler*innen teilen konnten.

„Insekten essen, das will ich mal machen“, war sich ein teilnehmender Schüler nach der Auseinandersetzung mit dem Thema sicher.

Ein*e andere*r Teilnehmer*in nahm mit: „was für einen großen Einfluss unser Essverhalten auf das Klima hat.“

Hintergründe und Anregungen lieferte das foodture-Bildungsmaterial „Unser Essen und das Klima“ (PDF, 5 MB), das mit fachlicher Begleitung aus dem Umweltbundesamt entstanden ist.

Wie konzipiere ich eine Fortbildung?

Am zweiten Tag mussten die Schüler*innen entscheiden, welche Inhalte des Vortags sie mit ihren Lehrer*innen teilen wollen. Und wie wollen sie diese Inhalte rüberbringen? Wie abwechslungsreich soll die Fortbildung sein? Werden die Lehrer*innen aktiv eingebunden? Braucht es eine Präsentation mit Input und vielleicht auch eine Pause? Welche Technik muss organisiert werden, wenn ein Video abgespielt werden soll?

Nach einem intensiven Rückblick auf die Inhalte und Methoden des Vortags wurde mithilfe einer Planvorlage die Fortbildung entwickelt: Um welchen Inhalt geht es, welche Methode wird genutzt, wie lange dauern die einzelnen Methoden und welche Materialien müssen für die Umsetzung vorbereitet werden. Nachdem der Ablauf stand, wurden Verantwortlichkeiten festgelegt, so dass die einzelnen Inhalte und Methoden ausgearbeitet werden konnten.

Nach einem langen und intensiven zweiten Workshop-Tag wurde sogar eine Generalprobe der eigenen Lehrer*innen-Fortbildung durchgespielt.

Am Ende stand die Fortbildung und alle verabschiedeten sich ein wenig müde aber glücklich – und vor allem gespannt auf den Termin der Fortbildung in der folgenden Woche.